Kirchlinteln/Letovice. Eine kleine Gruppe Kirchlintler Sozialdemokraten besuchte am vergangenen Wochenende die tschechische Partnergemeinde Letovice. Gemeinsam mit der Vorsitzenden der Schwesterpartei, der Tschechischen Sozialdemokratischen Partei (CSSD), Daniela Ottová, wurde am Tag der Befreiung vom Faschismus, in Tschechien ein nationaler Feiertag, ein Gesteck am Mahnmal für die Opfer des Nationalsozialismus niedergelegt. Der Gedenktag wird in Letovice mit großer Bürgerbeteiligung begangen.

Neben der Verwaltung, vertreten durch die Bürgermeister, nehmen die Parteien sowie junge Soldaten in Ausbildung und Pfadfinder daran teil. Die tschechische Nationalhymne und die Europahymne werden vom Blasorchester gespielt.

Über 60 Menschen wurden in der Zeit der Okkupation durch Nazi-Deutschland in Letovice getötet. Mehrere Gedenksteine an verschiedenen Orten erinnern an die getöteten Widerstandskämpfer. "Durch unsere Partnerschaft mit dem Letovice hat sich auch ein freundschaftliches Verhältnis zur CSSD entwickelt vor Ort", freut sich Hermann Meyer über den grenzübergreifenden Kontakt. Seit 2015 legen Vertreter beider Parteien auch gemeinsam zum Kriegsende einen Kranz am Mahnmal nieder. Ein Wort des ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog steht in diesem Jahr in tschechischer und deutscher Sprache auf den Schleifen in den Farben der Tschechischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland: "Die Erinnerung darf nicht enden".

Bohuslav Kuda, Mitglied des Stadtrats und Mitbegründer der Partnerschaft zwischen Kirchlinteln und Letovice im Jahr 2003, führte die Gruppe zu den Gedenkorten der NS-Gewaltherrschaft. So auch zur Firma Tylex (ehemals Faber), die jetzt unter anderem Gardinen produziert und früher eine Maschinenfabrik war. Hier hatten die Nazis während der Okkupation ein Gefängnis und ein Gericht eingerichtet. 191 Gefangene waren hier verzeichnet. Die meisten von ihnen wurden in Konzentrationslager verschleppt und kamen darin zu Tode. Anfang Mai 1945, kurz vor der Befreiung, wurden bei der Gefängnisauflösung noch 18 Menschen von der SS brutal ermordet. Eine Gedenktafel am Gebäude erinnert an diese schreckliche Zeit. Auf dem Gelände der Firma wurde auch deutsche desertierte Soldaten hingerichtet, die alle miteinander mit einem Seil gefesselt waren. Die namentliche Identifizierung war im Nachhinein nicht mehr möglich.

Auf dem Weg nach Letovice besuchten die Kirchlintler Sozialdemokraten unter Leitung vom Ortsvereinsvorsitzenden Hermann Meyer die Gedenkstätte Lezáky, rund 70 Kilometer nordöstlich von Letovice. Das Schicksal des böhmischen Dorfes Lidice ist in aller Welt bekannt. Ein ganz anderes Schicksal hatte dagegen das kleine ostböhmische Lezáky. In diesem ehemaligen Ort, den es nicht mehr auf der Landkarte gibt, gehörten mehrere Bewohner dem Widerstand an. Unter anderem war in diesem kleinen Dorf ein Sender versteckt, über den Nachrichten an die tschechoslowakische Exilregierung in London übermittelt wurden. 1942 wurde sie verraten. Am 24. Juni 1942, nachmittags 14 Uhr, umzingelten SS-Einheiten (rund 500 Mann) den Ort. Alle 47 Einwohner, 16 Männer, 17 Frauen und 14 Kinder, wurden nach Pardubice gebracht. Die Erwachsenen wurden noch am selben Abend erschossen. Elf Kinder fanden in Gaswagen im polnischen Chelmno den Tod. Zwei Schwestern wurden als eindeutschungswürdig erkannt und unter fremden Namen in deutschen Familien untergebracht. Der Ort Lezaky wurde dem Erdboden gleichgemacht. Vlasta Solnicková, Leiterin der seit 1999 offiziellen nationalen Gedenkstätte, ergänzte, dass die beiden Mädchen nach dem Krieg zu deren Opa zurückkamen. Beide kannten sich aber nicht mehr, sprachen kein Tschechisch, stritten sich oft und hatten es anfangs sehr schwer.

Unter den rund 15.000 Besuchern der Gedenkstätte seien jährlich durchschnittlich fünf aus Deutschland, wusste Vlasta Solnicková. Viele kämen aus den Niederlanden und Großbritannien.

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