Direkt an der Weser steht der Bunker „Valentin“. Das etwa 419 Meter lange, 30 Meter hohe und bis zu 90 Meter breite Massiv-Beton-Gebäude sollte als Werft der Kriegsmarine zur Montage von U-Booten dienen. Kurz vor Fertigstellung des Baus wurde er von den Alliierten bombardiert. Die Werft wurde nicht in Betrieb genommen, und kein einziges U-Boot wurde dort produziert, geschweige denn, verließ über den Fluss das militärische Betriebsgelände.

„Das wäre auch gar nicht gegangen, denn die Weser war sowieso nicht tief genug. Die U-Boote hätten demnach über Wasser die Werft verlassen müssen, wären dann aber der Gefahr ausgesetzt, von Flugzeugen der alliierten Streitkräfte bombardiert zu werden, und damit hätte die Schiffahrt die Weser nicht mehr nutzen können“, sagte Anna Domdey. Sie führte die zwölfköpfige Gruppe von Geschichtsinterssierten, die das Angebot der Kirchlintler SPD wahrnahmen, diesen Denkort zu besichtigen. Der SPD-Ortsverein Kirchlinteln bietet seit 2011 Fahrten zu Gedenkstätten an unter dem Motto: „Die Erinnerung darf nicht sterben.“

Während der Existenz der Baustelle von Mai 1943 bis April 1945 entwickelte sich die ganze Gegen zu einem Mikrokosmos der nationalsozialistischen Lagersystems, an dem sich wohl wirtschaftliche als auch rassistische Machtbestrebungen ablesen lassen. Über 10.000 zur Arbeit gezwungene Menschen sind für den Bau des Bunkers nach Farge deportiert worden, das zuvor ein beschaulicher Ort gewesen war. Geblieben ist der unübersehbare Bunker, der für das rassistische System Zwangsarbeit und für die Ausbeutung von Menschen für den „Totalen Krieg“ steht, in dem Menschenleben keinen Wert hatten. Mehr als 1600 Menschen überlebten Zwangsarbeit und Gefangenschaft nicht.

Ein Gang im Bunker
Blick in den Bunker

Neben diesem Lagersystem existierte in Farge ein Lager der Bremer Gestapo, das sogenannte Arbeitserziehungslager Bremen-Farge. Dieses Lager wurde bereits 1940 auf Druck der Bremer Industri an einem anderen Standort in der Nähe eingerichtet. Hier wurden die Menschen in der Regel etwas zwei Monate gefangen gehalten und terrorisiert. Zwischen 1943 und 1945 waren das in erster Linie ausländische Zwangsarbeiter aus Bremer Betrieben, aber auch der aus Kirchlinteln stammende Hinrich Heitmann, der als Bahnarbeiter auf dem Bremer Hauptbahnhof hungernden Zwangsarbeitern Brot zusteckte und denunziert wurde.

Der Rundgang durch das Gelände führte auch an der schlimmsten Arbeitsstelle des Bunkerbaus vorbei. Anna Domdey berichtete von einem französischen Zwangsarbeiter, der seine Erinnerungen in einem Buch veröffentlichte: „Aber das schlimmste haben wir noch nicht kennengelernt: die Betonmischer. … Wir müssen uns auf ein Knie niederlassen, damit zwei Kameraden uns die Säcke auf die Schultern laden können. Im Hochkommen schwanken wir unter den fünfzig Kilo, denn wir wiegen selbst doch nicht mehr als vierzig Kilo. Es geht eine Treppe mit fünf bis sechs Stufen hinaus, steil wie eine Leiter, und wir drehen uns um, um unsere Last abzuladen, die zwei andere Häfltinge in den Trichter leeren. … Wie ein Menschfresser, dessen Hunger nie gestillt ist, schluckt die Betonmischmaschine dreihundert Sack in der Stunde. Wir sind aber nur zehn Träger. Trotz der Schreie und Schläge der Aufpasser gelingt es uns nicht, die Maschine satt zu bekommen.“

Nach der Befreiung durch die alliierten Truppen ist der Bunker „Valentin" ein einzigartiges und ein unübersehbares Relikt der nationalsozialistischen Rüstung für den Seekrieg übrig geblieben. Er ist ein Ort der Erinnerung an den Krieg und an die Verbrechen der nationalsozialistischen Herrschaft.

Blick in den Bunker, im Vordergrund Transportwagen
Blick in den Bunker, im Vordergrund Transportwagen
Jetzt kommt es auf dich an. Verteidige unsere Demokratie und werde Mitglied.