Der Besuch in dem Dokumentations- und Lernort Baracke Wilhelmine in Schwanewede-Neuenkirchen hinterließ ein beklemmendes Gefühl. Eine Gruppe Kirchlintler Sozialdemokraten war im Rahmen der jährlichen Gedenkfahrten am vergangenen Sonntag dort, um sich die vor zehn Jahren eröffneten Ausstellungen anzusehen.

Die Baracke Wilhelmine war ursprünglich Bestandteil des in der NS-Zeit zum Bau des Marine-Öllagers entstandenen Lagersystems. Sie wurde später beim Bau des U-Boot-Bunkers „Valentin“ in Farge weitergenutzt. Zum Ende des Krieges zunächst als Marinelazarett belegt, wurde sie später ein Teil des evangelischen Hospitals Neuenkirchen, bevor die Bundeswehr das Areal als Kaserne übernahm. Ihre Geschichte ist in vielfältiger Weise verknüpft mit dem NS-System, dem Einsatz von Zwangsarbeitern und Häftlingen.

Harald Grote und Björn Herrmann von den Heimatfreunden Neuenkirchen, Sparte Gedenkstättenarbeit, nahmen sich beim Ausstellungsrundgang mit den Gästen aus Kirchlinteln viel Zeit. Die Ausstellung in der Baracke Wilhelmine zeigt lebendige Lokalgeschichte und zeichnet den „Lebenslauf" des rund zehn Quadratkilometer großen Geländes als Lager, Hospital und Kaserne nach. In einem Einführungsraum mit einem Modell der Anlagen erhielten die Besucher zunächst einen Überblick über die Epochen der Nutzung. Der Rundgang begann mit der preisgekrönten Fotoausstellung "Fabrik für die Ewigkeit" des renommierten Worpsweder Fotografen Rüdiger Lubricht, der den U-Boot-Bunker „Valentin" in seiner ganzen Monstrosität zeigt.

Es folgte ein atmosphärisch gestalteter Raum zum Bunkerbau. Daran schloss sich der Ausstellungsteil zu den Lagern in Neuenkirchen und Schwanewede und zum Schicksal der Häftlinge und Zwangsarbeiter an. Ein Foto von Rüdiger Lubricht zeigt die übriggebliebenen Fundamente des „Arbeitserziehungslagers“, in dem der Kirchlintler Sozialdemokrat Hinrich Heitmann rund drei Monate den Torturen der SS und ihrer Helfershelfer ausgesetzt war. „Als nächstes großes Ziel wollen wir uns um die Aufarbeitung dieses Lagers kümmern“, sagte Harald Grote.

Die Ausstellung "Lebensborn – Ideologie, Mythos, Spuren" in der Baracke Wilhelmine dokumentiert als erste Dauerausstellung in ganz Deutschland den Hintergrund dieser SS-Organisation und die Vorgänge in deren Heimen. Diese waren als streng abgeschirmte Entbindungsheime für ledige Mütter Teil des rassistischen NS-Systems, dienten aber entgegen vieler Gerüchte nie als "Zuchtstätten für arischen Nachwuchs". Anschaulich werden in der Ausstellung die rassen-ideologischen Vorstellungen der SS, die zur Gründung des Vereins „Lebensborn" führten, dargestellt. Breiten Raum nimmt die Darstellung des Schicksals der Lebensborn-Kinder nach dem Krieg ein. Sie waren – oft unehelich geboren und auf der Suche nach ihren Wurzeln – zugleich Opfer der Gerüchte und Mythen, die sich um die Heime rankten. Die „Lebensborn"-Ausstellung in der Baracke Wilhelmine ist deutschlandweit die erste Dauerausstellung zu diesem Thema. Just an diesem Sonntag war eine Gruppe von ehemaligen „Lebensborn"-Kindern zu einem Wochenendseminar in der Baracke Wilhelmine.

Reste des „Arbeitserziehungslager“ nach einer Fotografie von Rüdiger Lubricht
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