Der junge Kaufmann Martin Skorupa aus Verden verbringt gerade ein Jahr in North Dakota in den USA. Die heimische SPD-Bundestagsabgeordnete Christina Jantz-Herrmann hat ihn im Rahmen des Parlamentarischen Patenschaftsprogramm (PPP) für den Aufenthalt in den Vereinigten Staaten ausgewählt. Nun steht mit der Präsidentschaftswahl ein weltweit bedeutendes Ereignis an. Martin Skorupa erklärt warum ausgerechnet an einem Dienstag gewählt wird und berichtet über Unterschiede zu Wahlen in Deutschland.

Martin Skorupa in der US-Vertretung bei den Vereinten Nationen in New York.

„Seit Monaten wird ausgiebig über die Präsidentschaftskandidaten diskutiert. Am kommenden Dienstag, den 8. November, wird es nun es nun ernst: Die Elections in Amerika stehen an. Moment – Dienstag? Warum unter der Woche, wenn jeder arbeiten muss? Dafür gibt es eine einfache, wenn auch nicht mehr ganz zeitgemäße, Antwort:

1845 wurde von dem Kongress der Dienstag nach dem ersten Montag im November als Wahltermin festgelegt. Der Hintergedanke war dabei, dass die Farmer zu diesem Zeitpunkt ihre Ernte schon eingefahren haben. Und nicht zu spät im Jahr, damit man bloß nicht auf dem Weg zum Wahllokal im Schneegestöber verloren geht. Es wurde auch bewusst kein Sonntag gewählt, weil es an diesem Tag selbstverständlich in die Kirche geht. Dann scheidet der Montag automatisch aus, weil viele Leute einen ganzen Tag zur Anreise benötigen. Da es deutlich weniger Wahllokale gab als heute, musste man unter Umständen einen weiten Weg zurücklegen, um wählen zu können. Dann braucht man natürlich noch einen Tag, um wieder nach Hause zu reisen. Donnerstag kommt gar nicht in die Kiste: da haben die Engländer gewählt. Freitags muss man den Markttag vorbereiten, der samstags stattfindet. Da bleibt dann nur noch der Dienstag und Mittwoch übrig. Man entschied sich also nach diesen Überlegungen für einen Dienstag. Aber halt: man musste noch ausschließen, dass die Wahl am ersten Tag des Monats stattfinden würde. Denn da wurde an vielen Orten Gericht gehalten und zusätzlich ist am 1. November ist Allerheiligen. Also der Dienstag nach dem ersten Montag im November. „Finally“ würden die Amerikaner sagen.

Das amerikanische Wahlsystem unterscheidet sich von Grund auf von dem deutschen. Wählt man nur den Präsidenten? Wie viele Kreuze muss man setzen? Es stellen sich viele Fragen, die eine Erklärung verlangen.

Zunächst einmal werden gar keine Kreuze gesetzt. In Amerika ist es vorgeschrieben die Felder der Kandidaten, für die man sich entscheidet, auszumalen. Dies ist schon der erste große Unterschied zu Deutschland und es soll nicht der letzte bleiben.

Es ist unfassbar aufwendig und kompliziert da nicht den Durchblick zu verlieren, denn es wird deutlich mehr als nur der Präsident gewählt. Vorab wird zwar ein 150-seitiges „Voters‘ Pamphlet“ an alle Haushalte verteilt, wirklich aufschlussreich ist das aber nicht bei allen Kandidaten.

Nachdem man sich über alle – oder auch nicht alle – Kandidaten in diesem Voters‘ Pamphlet informiert hat, stellt sich die Frage: Über was wird abgestimmt? Zunächst geht es um einige Initiativen, die ähnlich wie Volksentscheide gehandhabt werden. Da gibt es zum Beispiel Abstimmungen zum Thema Mindestlohn, Umweltschutz oder Wahlkampffinanzierung durch Firmen.

Neben den Senatoren, den Abgeordneten des Repräsentantenhauses, dem Gouverneur, dem Vize-Gouverneur und Richtern des oberen Gerichtshofes gibt es natürlich auch die Wahl zum Präsidenten samt Vizepräsidenten.

Jeder der Kandidaten darf sich in dem Wahlhandbuch mit seinem Vizepräsidenten eine Seite teilen und neben einem kleinen Aufsatz ein kurzes Statement über seine/ihre Bildung, politische Erfahrung, sonstige Erfahrung und ehrenamtliche Arbeit abgeben.

Die Wahlen in den USA laufen also recht komplex ab. Von Deutschland ist man ein eindeutig einfacheres System gewohnt. Wirklich erstaunlich ist es, dass es schon vor den Wahlen einen großen Unterschied gibt: Man wird nicht automatisch benachrichtigt, wenn man wählen möchte, sondern muss sich eigenständig als Wähler registrieren, damit man überhaupt zur Wahl zugelassen wird.

Schlussendlich zeigt sich also, dass deutlich mehr als nur der Präsident der Vereinigten Staaten gewählt wird. Die Frage die jetzt im Raum steht: benötigt das Wahlsystem der USA eine Grundüberholung? Da viele Amerikaner in solchen Angelegenheiten jedoch sehr traditionell, gar konservativ eingestellt sind, wird es schwierig werden, dafür eine Mehrheit zu finden. Im Sinne des Bürgers wäre eine Reform sicherlich, da die Wahl so ausgesprochen einfacher und übersichtlicher werden könnte. Zudem wäre eine höhere Wahlbeteiligung zu erwarten.

Auf jeden Fall bleibt es spannend, wer für die kommenden vier Jahre in das Weiße Haus einziehen wird. Selten war ein Wahlkampf so umkämpft und von Skandalen überschattet wie dieses Jahr.“

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